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AutorenbildL.T. Ayren

Was mich der Uluru lehrte!

Aktualisiert: 24. Aug. 2020

Eine Reise, eine Lektion.

Die ultimative Reise!

Australien stand 2019 auf dem Plan. Eine lange Reise. Vor allem eine lang ersehnte Reise. Eine Reise in neue Welten. Viele Erzählungen prägten das Bild in meinem Kopf. Die Erwartungen waren entsprechend gewaltig. Das viele Geld, das man investierte, sollte sich ja lohnen. Der giftigste Kontinent und dauerhafte Hitze machten die Reise auf diesen Kontinent zu einem Abenteuer. Eine wichtigste Lektion lehrte mich aber ein „Berg“.


Schulbildung! Habe ich! Reicht aus?

Der heiligste Ort der indigenen Stämme Australiens. Der Uluru, ein gewaltiger Monolith im australischen Outback. Ich kannte den Ort von Bildern und dachte, dies sei lediglich aufgrund der kulturellen Geschichte ein „interessanter“ Ort. Ich dachte, er sei etwas, das man gesehen haben muss. Nicht mehr nicht weniger. Für den Moment dachte ich, dass mein Wissen über den Ort ausreichte. Oder was will ich noch mehr über einen Felsen erfahren?


Der erste Blick.

Am 01.01. machten wir uns auf den Weg. Wir fuhren stundenlang durch die Hitze. Lange Straßen ohne Kurven, in einer roten, fremden Welt. Das gewohnte westliche Bild, war so weit weg und ich hatte das Gefühl auf einem anderen Planeten zu wandeln. Nach der langen Fahrt hatte ich mich an das flache rote Land gewöhnt, es war Normalität geworden. Was solle mich hier draußen noch beeindrucken? Hier war einfach nichts, was ich nicht schon seit Stunden beobachtet hatte. Ich war so in meinem Trott, dass ich fast vergaß, wohin wir unterwegs waren. Schlagartig, wie aus dem Nichts, tauchte der Berg plötzlich auf. Schemenhaft erblickte ich die Umrisse des Sandsteinmonoliths. Ein gewaltiger Stein umgeben von nichts als flachem Land. Ein mystischer Dunst verhüllte den roten Riesen. Als wir ihn aus der Ferne sahen, wirkte er wie ein außerirdisches Raumschiff auf mich. Ich kannte Bilder davon und ein hatte auch schon einiges gelehrt bekommen. Uluru wirkte aber unnatürlich an diesen Ort gesetzt. Er passte nichts ins Bild. Dieser Gigant mitten im Nirgendwo zu erblicken, war ein überwältigender Moment.


Uluru oder Ayers Rock.

In der Schule lernte man den Ayers Rock im „Red Centre“ des Northern Territory kennen. Benannt nach seinem Entdecker betrachtete man Bilder und lernte etwas über Flora und Fauna des Outbacks. Der Name und die paar „wichtigen“ Informationen, waren ins Gedächtnis gebrannt.

Erst vor Ort realisierte ich wie sehr Sprache (oder in diesem Sinne eine Bezeichnung) als Machtinstrument verstanden werden konnte. Als wir das erste Mal über den „Ayers Rock“ sprachen, wurden wir ermahnt, den Berg bei seinem Namen zu nennen. „Uluru“ ist der ursprüngliche, der heilige Name. Ayers Rock sei das Symbol für die Eroberer und die Verdrängung der Ureinwohner Australiens. Schnell spürte ich, dass der Ort und seine Geschichte ein sehr emotionales Thema für alle Australier scheint, und dabei waren wir noch nicht mal vor Ort.


Ein Farbenspiel des Lichts.

Sonnenaufgänge und – Untergänge tauchen den Berg in eine vielfältige Farbenpracht. Am ersten Abend nutzten wir den Shuttlebus und machten uns auf den Weg. Einmal um den gewaltigen Berg herum. Je näher wir ihm kamen, umso begeisterter betrachteten wir das Gestein. Die verschiedenen Schichten aus der Tiefe der Erde an das Tageslicht gedrückt, zeigte uns deutlich wie unbedeutend kurz und Sein auf der Erde ist. Schneller als gedacht haben wir unser Ziel erreicht. In der untergehenden Sonne veränderte sich die Farbe erst langsam, dann immer schneller werdend. Von dem uns bekannten Rot konnten wir die Veränderung Schritt für Schritt mitverfolgen, bis sich Uluru fast lila zeigte. Das Zusammenspiel der Natur, ein Spektakel. Dieser unbeschreiblich energievolle und mystische Ort ließ uns spüren wie weit wir uns von der Natur entfernten.

Schulbildung! Habe ich! Reicht nicht aus!

Bis zum 26. Oktober 2019 konnte man den Berg zu Fuß besteigen. Obwohl ich auch gerne in den Bergen bin, verspürte ich nicht den Drang, einen Fuß auf den Berg zu setzen. Allein der Gedanke daran fühlte sich falsch an. Wir wollten mehr über den Berg erfahren, mehr zur Geschichte, aktuellen Lage und Zukunft. Vorbildlicherweise bietet der Nationalpark eine kostenlose Führung der Ranger/innen an. Ohne zu Zögern machten wir uns früh morgens auf, um teilhaben zu können. Treffpunkt war jener Ort, an dem die Touristen den Berg bis vor Kurzem besteigen konnten. Vor Ort sahen wir den tiefschwarzen Pfad, der in den Berg gestiefelt wurde. Der Abrieb der Schuhe zeigte deutlich, welchen Weg man nehmen musste. Nach kurzer Wartezeit trafen wir auf die Rangerin. Sie führte uns ein überschaubares Stück um den Berg herum. Nach wenigen Worten über die Artenvielfalt und die Gewächse um den Berg kam sie auf das Leben am Uluru. Wie die Jungs eines Stammes mit den Großvätern in den Höhlen lebten und ihre Lebensweisheiten vermittelten. Sie zeigte uns die Kochstellen und einige weitere Lebensräume am Rande des Berges. Uluru, der heilige Ort für Frauen, biete Schutz und ermöglichte Leben. Ich war überrascht, wie viel neues ich hören und sehen durfte. Ein paar wenige Mysterien verriet sie uns, machte aber auch ganz deutlich, dass selbst sie, die mit den Nachfahren der Ureinwohner zusammenarbeite, nicht alles erzählt bekomme. Das Weltbild der indigenen Stämme bleibt in ihren Reihen und wird auch nur beschränkt geteilt. Die Kluft, und das damit verbundene Bedauern, die zwischen den Ureinwohnern und zugereisten weisen europäisch-stämmigen Nachfahren klafft, schwang deutlich in den Erzählungen.


... oder was mir der Uluru zeigen wollte.

Wir erreichten einen kleinen See. Einen Tümpel mitten in der Wüste. „Wenn es regnet, sammelt sich das Wasser auf dem Berg und strömt dann in Wasserfällen nach unten“, so die Erklärung. „Allerdings ist das Wasser hochgradig verseucht. Müll, Windeln, Kot, Urin … Es gibt nichts, was nicht auf dem Berg liegt“. Ich war geschockt. Ich ertappte mich, wie ich mir Gedanken machte, welcher Mensch auf den Berg klettert, mit dem Wissen, dass dieser für viel Stämme heilig ist. Weitere Gedanken tauchten auf. Wer hinterlässt, dann an dieser Stelle noch Müll oder verrichtet seine Notdurft? Uluru zeigte mir deutlich wie wir als „Gesellschaft(en)“, das Bedürfnis des anderen nicht für gleichwertig anerkennen. Der Berg als Erinnerung, dass wir unsere eigene Position auch mal verlassen sollten, um andere Standpunkte zu ergründen.


Take Away Message.

Den goldenen Weg, der uns alle Fragen beantwortet und uns auf den allerrichtigsten Weg führen wird, scheint es nicht zu geben. Für die einen ist es ein Kreuz, für den nächsten vielleicht ein Berg. Vielleicht ist der goldene Weg, gar nicht dadurch gekennzeichnet alle Fragen zu beantworten und die tollsten Aussichten anzubieten, sondern viel mehr auch mal zu schauen, was kann ich von anderswo mitnehmen. Beim Schreiben des Buches erging es mir im Grunde so, dass ich auch die eine oder andere abweichende Meinung bekommen habe. Meine Werte zu kennen und die andere Meinung als die subjektive Wahrnehmung der Rückmelder als einen Versuch der Hilfestellung anzuerkennen, war schwer aber hilfreich. Was für jeden persönlich der passende Weg ist, muss der einzelne dann getrieben durch die persönlichen Erfahrungen selber definieren.


In diesem Sinne, stay classy und seid offen für Erfahrungen.





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